Von Mathias Fontana
Der Gott der Bibel ist einer, dem keine Pop-Up-Meldung, kein Gebet und kein Hilferuf zu viel ist. Er ist für uns ständig erreichbar. Müssen wir – als Gottes «Ebenbild» – ebenfalls ständig erreichbar sein? Nein, behaupte ich! Denn selbst Jesus, der als Mensch auf der Erde lebte, suchte immer wieder Ruhe und Einsamkeit.
Gott ist immer erreichbar, das wusste schon König David. In einem seiner aufgeschriebenen Gebete steht: «Ich rufe zu dir, denn du, Gott, wirst mich erhören; neige deine Ohren zu mir, höre meine Rede!»1 Als technikbegeisterter Mensch, der mit Computer, Internet und Handy aufgewachsen ist, finde ich vor allem die «plattformunabhängige Erreichbarkeit» Gottes faszinierend. Um mit Gott Verbindung aufzunehmen, ist kein bestimmtes App notwendig, kein Handyempfang oder ein freies WLAN Voraussetzung. Ich kann jederzeit und ohne Einschränkung mit ihm sprechen, er hört mich. Selbst wenn nicht all meine Bitten erfüllt werden. Dietrich Bonhoeffer sagte: Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheissungen.
Auch die Geschichte der blutflüssigen Frau2 erinnert mich daran, dass Gott immer erreichbar ist und wirkt – selbst wenn er es gar nicht bewusst macht: Da ist Jesus, unterwegs in einer grossen Menschenmenge. Hunderte Menschen um ihn herum, ein Riesengedränge. Darunter auch eine Frau, sie leidet seit zwölf Jahren an starken Blutungen. Kein Arzt konnte ihr bisher helfen. Sie gilt wegen der Blutungen als unrein und dürfte eigentlich mit niemandem in Kontakt kommen. Trotzdem wagt sie sich unter die Menschen. Denn sie hat von Jesus gehört und weiss, dass er Kranke heilen kann. Er ist ihre letzte Hoffnung. Sie will gar nicht mit ihm sprechen, sondern nur von hinten sein Gewand berühren. Sie sagt sich: «Wenn ich wenigstens seine Kleider berühren kann, werde ich bestimmt gesund.» Und genau so ist es, ihre Blutungen hören in dem Moment auf, als sie das Gewand von Jesus berührt. Jesus wollte in diesem Moment die Frau gar nicht bewusst heilen – trotzdem war er für sie «erreichbar »! Denn in der Geschichte heisst es weiter, dass Jesus bemerkt hat, dass heilende Kraft von ihm ausgegangen ist. «Wer hat mich berührt?», fragt er. Seine Freunde entgegnen ihm: «Die Leute bedrängen dich von allen Seiten und da fragst du, wer dich angefasst hat?» Schlussendlich gibt sich die Frau zu erkennen und Jesus sagt zu ihr: «Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Gehe in Frieden. Du bist geheilt.»
Auch mal abschalten – z. B. 40 Tage lang
Als Gott ist Jesus ständig erreichbar. Als Mensch hat er aber immer wieder die Ruhe und Einsamkeit gesucht. Am extremsten wohl schon ganz zu Beginn seines Wirkens, als Jesus 40 Tage und Nächte in der Wüste verbrachte3. Aber auch während er in Galiläa umherzog, suchte er immer wieder die Stille: Sei es am frühen Morgen4, auf einem einsamen Berg5 oder die ganze Nacht hindurch6.
Immer richtete er seine Gedanken auf Gott, seinen Vater, aus. Redete mit ihm oder wurde still vor ihm. Er rät uns auch, immer wieder Ruhe und Stille zu suchen. In der Bergpredigt sagt er über das Beten: «Wenn du beten willst, geh in dein Zimmer, schliess die Tür hinter dir zu und bete zu deinem Vater.»7 Wenn ich Jesus beim Beten als Vorbild nehme, merke ich: Es braucht nicht viele Worte dazu. Aber es braucht manchmal etwas Ruhe – und es ist gut, wenn ich mein Smartphone in den «Flugmodus » schalte.