Von Verena Birchler
Wenn ein Mensch mit einem anderen redet, dann öffnet er sich. Und nicht selten finden sie dadurch zueinander. Auch dann, wenn vorher noch vieles unklar war. Dasselbe geschieht, wenn Menschen anfangen, mit Gott zu reden. Zaghaft, unsicher – immer vertrauensvoller. Das Gebet ist ein Reden des Herzens mit Gott. Es ist persönlich, intim, geheimnisvoll.
Viele von uns sind unsicher in der Gebetspraxis. Darf ich mit Gott reden wie mit einem Menschen? Oder liebt er es etwas frommer, schwülstiger, wohlformulierter? Ich glaube, Gott kommt es weniger auf die Wortwahl an. Er will unser Herz! Will, dass wir von Herzen beten! Die ersten Sätze des «Vaterunsers» kennen die meisten von uns. Es ist das Gebet, in das viele von uns einstimmen können, wenn es traditionell bei Beerdigungen, Hochzeiten, Taufen und anderen kirchlichen Anlässen gesprochen wird.
Aber wir dürfen mit Gott auch über unsere ganz persönlichen Freuden, Nöte und Sorgen reden. Mit eigenen Worten. Vielleicht klingt dann das «Vaterunser» (Matthäus 6,9–15) etwas anders. «Hallo Papa. Du bist im Himmel. Bin gespannt wie das mal wird, wenn ich zu dir komme. Ich wünsche mir, dass dein Name auf dieser Welt ganz gross rauskommt. Bitte versorg uns mit allem, was wir so zum Leben brauchen. Und bitte, vergib uns all den Mist, den wir manchmal bauen. Wir vergeben auch denen, die bei uns das eine oder andere verbockt haben. Bitte hilf uns, dass wir uns nicht in schlechten Gedanken drehen und dir untreu werden. Bewahre uns vor Momenten, in denen wir uns von dir abwenden könnten. Hilf und rette uns, wenn uns Böses entgegen kommt … denn du bist der Chef, der Papa. Du bist der, der uns in Ewigkeiten führt, in denen wir unerkannt Schönes erleben werden. Amen!»
Zugegeben, in dieser Art tönt das Vaterunser etwas anders. Aber Gott hört das mit seinen Ohren. Und diese wollen nicht korrekte und wohlformulierte Einheitsgebete. Gott will unser Herz hören. Egal in welcher Sprache, egal wie wir sozialisiert sind. Er will uns echt.
Doch manchmal fehlen uns die Worte
Es tut so gut, mit eigenen Worten zu beten. Doch manchmal fehlen sie uns. Nicht jeder findet die richtigen Worte. Jede Formulierung scheint hohl, fremd. In solchen Momenten helfen uns Gebete, die andere schon gesprochen haben. Zum Beispiel die Psalmen. Mir hilft es dann besonders, wenn ich versuche, diese Psalmen mit meinen Worten nachzusprechen. In diesen Texten finden sich enorm viel Lebenserfahrung: Verzweiflung, Freude, Glück, Trauer – eigentlich alle Stimmungen, die wir in unserem Leben «erleben». Um zu lernen mit Psalmen zu beten, helfen vielleicht die folgenden sieben Psalmen für sieben Tage.