Ausgerannt
Doch nachdem sich ihre Mutter unerwartet von der Familie trennt, wird Nathalie Schertenleib mit der Aufgabe konfrontiert, ihren Vater aus der darauffolgenden Depression und ihre Schwester aus einer Essstörung zu führen. Als Teenagerin schmeisst sie den Haushalt und regelt die Finanzen der Familie – neben täglichem Intensivtraining und Gymnasium. «Als Leistungssportlerin lernte ich, mit Schmerz umzugehen, ihn zu überwinden und durchzubeissen. Doch ich ging allen unangenehmen Gefühlen aus dem Weg und unterdrückte meinen emotionalen Schmerz.»
Dann überrennen Nathalie Schertenleib die Gefühle, die sich in ihr aufstauten. Bis dahin waren ihre Tage total durchstrukturiert. «Alles brach ein, ich war körperlich am Ende und konnte mich physisch nicht mehr aus meinem Bett bewegen.» Stillstand. Ihr Körper ist verkrampft. Nathalie Schertenleib hinterfragt alles, an erster Stelle sich selbst und den ihr vermittelten christlichen Glauben. Denn auch im Glauben an Gott fühlt sie einen enormen Leistungsdruck.
Neustart
«Mein Körper schottete sich ab, damit er nichts mehr leisten musste, und er zwang mich, nach innen zu schauen und mich mit mir zu beschäftigen.» Durch den Zusammenbruch von all dem, was Nathalie Schertenleib zuvor Lebenssinn verlieh, stellt sie sich ihre Frage nach dem Sinn ganz neu. «Dabei spürte ich einen nie dagewesenen Ort, einen ‹liebenden›, wohltuenden Ort, tief in mir drin.» Am Tiefpunkt ihres Lebens entdeckt sie den Gott, der sie nicht aufgrund ihrer Leistung liebt, sondern aus voller Gnade.