Junge in einem Holzkistenflugzeug
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Zukunft – wie Kinder sie sehen

Kurze Momente, die das Leben reicher machen
 
Publiziert: 16.04.2020

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Von Michelle Boss

Unser Schulsystem richtet sich ganz am Ziel aus, unsere Kinder fit zu machen für die Zukunft. Und auch die elterliche Erziehung orientiert sich an diesem Ziel. Doch wir können Kindern nicht nur vieles beibringen über die Zukunft. Wir können auch so einiges von ihnen lernen, wenn wir bereit sind, uns inspirieren zu lassen von der Art, wie sie die Zukunft sehen.

«Was ihr die folgenden Jahre bringen werden, weiss Michelle schon ganz genau, und so verblüfft sie uns immer wieder als ausgeklügelte Zukunftsplanerin. Vom perfekten Studium bis zum Heiratstermin ist alles bestens durchdacht.» So stand es in der Maturzeitung über mich. Die Beschreibung überraschte mich – ich hatte mich nie als Planerin gesehen (und von einem Heiratstermin war mir schon gar nichts bekannt, wie ich meinem leicht irritierten Freund nachdrücklich versicherte … ). Was ich hingegen in meiner Kindheit und Jugendzeit tatsächlich war: Ich war eine Träumerin. Meine Zukunft malte ich mir stets in den schönsten Farben aus, hatte dabei auch tatsächlich immer recht konkrete Vorstellungen – ich hatte aber nie den Anspruch, diese Pläne dann auch umzusetzen. Vielmehr waren meine Zukunftspläne eine Art Flucht aus der nicht immer einfachen Gegenwart.

Wie tröstlich habe ich es als Kind empfunden, mir vorzustellen, in einer fernen Zukunft werde mein Leben völlig anders aussehen! Wenn mein Alltag als Schülerin mühselig und langweilig war, malte ich mir meine berufliche Zukunft aufregend und auf meine Fähigkeiten zugeschnitten aus. Fühlte ich mich einsam und kam mit meinen Klassenkameraden schlecht zurecht, so stellte ich mir vor, als Erwachsene Teil einer coolen Clique zu sein und eine grosse, eigene Familie zu haben.

Die Zukunft machte mir als Kind und Jugendliche kaum je Angst. Sie war verheissungsvoll, schillernd, aufregend – und vor allem war in ihr alles möglich. Inzwischen haben sich manche meiner damaligen Träume tatsächlich erfüllt. Andere haben sich verschoben, sind in Vergessenheit geraten oder haben sich als Luftschlösser herausgestellt. Ich mag mein aktuelles Leben. Wohl auch deshalb lebe ich meist in der Gegenwart. Über die Zukunft mache ich mir nur wenig Gedanken, und wenn, dann nicht in Form von Träumen oder Visionen.

Wenn ich allerdings meine eigenen Kinder dabei beobachte, wie sie sich ihre Zukunft ausmalen, wie sie ganz natürlich Zukunftssorgen benennen und mit ihnen umgehen, dann beschleicht mich manchmal der Gedanke: Da ist mir einiges abhandengekommen. Vom kindlichen Umgang mit der Zukunft kann ich viel lernen.

In der Gegenwart leben
Insbesondere kleine Kinder haben noch keinen Zeitbegriff. Sie machen sich keine Gedanken über morgen. Was zählt ist das Hier und Jetzt. Faszinierend, wie Kinder sich in ihrem Spiel vertiefen können. Mit wie viel Begeisterung sie den Moment geniessen und alles um sich herum ausblenden können. Ich bin überzeugt davon: Dadurch, dass sie nicht an der Vergangenheit kleben, sich aber auch keine Gedanken über die Zukunft machen, können sie das Leben oft viel intensiver geniessen und die Gegenwart auskosten.

Mir selbst stehen Gedanken an die Zukunft oft im Weg. Seit ich Kinder habe, nehme ich oft Situationen als problematisch wahr, die an und für sich für den Moment völlig in Ordnung wären. Dennoch bewerte ich sie negativ – weil ich mir Sorgen mache um die Zukunft. Ich befürchte, dass mein Kind mir in der Pubertät auf der Nase herumtanzt, wenn es mir jetzt schon nicht gehorcht. Oder ich mache mir Sorgen um mein Kind, das erste Schwierigkeiten hat in der Schule, weil sich dieses Problem in den nächsten Jahren noch verschärfen könnte. Solche Gedanken lassen mich manchmal überzogen reagieren. Und sie beschäftigen mich oft über Gebühr: Ich wälze Probleme, die noch gar nicht existieren, und die unter Umständen auch gar nie existieren werden!

In der Bibel fordert Jesus uns dazu auf, in der Gegenwart zu leben: «Hört also auf, voller Sorgen zu denken: ‹Werden wir genug zu essen haben? Und was werden wir trinken? Was sollen wir anziehen?› Wollt ihr denn leben wie die Menschen, die Gott nicht kennen und sich nur mit diesen Dingen beschäftigen? Euer Vater im Himmel weiss ganz genau, dass ihr das alles braucht. Gebt nur Gott und seiner Sache den ersten Platz in eurem Leben, so wird er euch auch alles geben, was ihr nötig habt. Deshalb habt keine Angst vor der Zukunft! Es ist doch genug, wenn jeder Tag seine eigenen Lasten hat. Gott wird auch morgen für euch sorgen.» (Matthäus 6,31–34)

Mich einfach nur mit den Herausforderungen des heutigen Tages befassen, das Hier und Jetzt geniessen im Wissen, dass Gott auch morgen bei mir sein wird … das möchte ich wieder neu lernen!

Kindliches Vertrauen
Kinder fühlen sich bei ihren Eltern sicher und vertrauen ihnen – bei kleinen Kindern ist dies selbst dann der Fall, wenn ihre Eltern sich dieses Vertrauens immer wieder als unwürdig erweisen. Sie trauen ihren Eltern alles zu und hinterfragen nichts.

Es gibt für sie kaum ein Problem, welches ihre Eltern nicht lösen könnten. Ein Kind, welches in Panik aus einem Albtraum erwacht, krabbelt zu seinen Eltern ins Bett und fühlt sich sofort sicher und geborgen.

Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich als Teenager dieses Gefühl der Sicherheit verlor: Meine Eltern hatten mich und meine kleine Schwester abends alleine zu Hause gelassen. Ich hatte nicht direkt Angst, fühlte mich aber auch nicht sicher. Meiner Unsicherheit versuchte ich mit meinem Verstand zu begegnen: «Was wäre denn anders, wenn Mama und Papa hier wären? Wenn ein Einbrecher käme, könnten sie auch nicht viel mehr tun als du selbst tun kannst!» Der Gedanke bewirkte das Gegenteil von dem, was er hätte bewirken sollen. Ich fühlte mich nicht nur in diesem Moment unsicher, sondern verlor auch auf längere Sicht hinaus mein Urvertrauen, dass mir in der Gegenwart meiner Eltern nichts geschehen konnte. Dieser Verlust meines kindlichen Vertrauens war äusserst schmerzhaft. Mit gutem Grund fordert Jesus uns deshalb auf, zu glauben wie Kinder. In der Bibel wird er wie folgt zitiert: «Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel eingehen.» (Matthäus 18,3)

Vertraue ich darauf, dass Gott meine Zukunft im Griff hat, fühle ich mich bei ihm sicher? Oder möchte ich selbst alles daransetzen, dass ICH meine Zukunft im Griff habe?

Grosse Träume
Kinder gleichen ihre Träume noch nicht mit der Realität ab. Sie malen sich ihre Zukunft aus, ohne gross zu hinterfragen, ob ihre Träume realistisch sind. Sie träumen von einer zwölfköpfigen Familie, ohne sich zu überlegen, ob eine so grosse Familie finanziell tragbar sei, ob sie selbst genug belastbar seien und ob sich dafür in der Schweiz eine genügend grosse Immobilie finden liesse. Sie wollen «Tarzanin» werden, ohne sich darum zu scheren, dass ein solcher Beruf nicht existiert. Oder sie planen, als König die Schweiz zu regieren, ohne sich daran zu stören, dass die Schweiz noch nie eine Monarchie war. Wenn sie Astronautin, Pilot, Delphintrainerin oder Musicaldarsteller werden wollen, machen sie sich keine Gedanken über Berufsaussichten, Mindestlöhne oder Karrierechancen. Ihre Träume sind für sie durchaus real. Meine Tochter mit Berufswunsch «Tarzanin» trainiert regelmässig ihre Kletterfähigkeiten, um sich auf die Realisierung ihres Traums vorzubereiten.

Und wenn meine Jüngste sich darüber ärgert, von ihren drei grossen Schwestern nicht für voll genommen zu werden, tröstet sie der Gedanke, in Zukunft als Königin über sie alle bestimmen zu können.

Wie bereits erwähnt, habe ich früher gerne und viel geträumt, tue dies als Erwachsene jedoch nur noch selten. Wenn überhaupt, dann teile ich meine Träume von Anfang an ein in «Luftschlösser» und realistische Träume, die ich unter Umständen, wenn ich all meinen Mut zusammennehme, tatsächlich erreichen könnte. Wie oft begrenze ich wohl Gottes Möglichkeiten, weil ich mich noch nicht mal traue, von Veränderungen auch nur zu träumen! Wer weiss, ob nicht das eine oder andere Luftschloss mit Gottes Hilfe Realität werden könnte, wenn ich das nicht von vorneherein ausschliessen würde.

«Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.» (Lukas 18,27)

Auch wenn ich mit meinem derzeitigen Leben durchaus zufrieden bin – ich möchte mich wieder öfter trauen, zu träumen. Und Gott auch zutrauen, den einen oder anderen Traum mit mir gemeinsam zu realisieren! Klar, dass ich als Mutter von vier schulpflichtigen Kindern in näherer Zukunft als Cowgirl in Australien meinen Lebensunterhalt bestreite, wird wohl ein Luftschloss bleiben. Obwohl …

Lerne, mit Zukunftssorgen umzugehen Leider dauert auch die schönste und behütetste Kindheit nicht für immer. Irgendwann schleichen sich Zukunftssorgen ein. Dann brauchen Kinder Strategien, um mit ihren Sorgen klarzukommen. Bei mir persönlich kamen erste existenzielle Zukunftssorgen in den 90er-Jahren auf, als im Fernsehen in jeder Tagesschau Bilder der Jugoslawienkriege gezeigt wurden. Ich fürchtete mich davor, dass auch bei uns Krieg ausbrechen könnte. Als noch kleineres Kind hätte ich mich damit getröstet, dass Gott mich sicher auch bei Krieg beschützen würde. Inzwischen war mein Vertrauen allerdings nicht mehr ganz so kindlich – mir war bewusst, dass auch Christen schlimme Dinge geschehen können. Also legte ich mir einen «Notfallplan» zurecht. Wenn alle Stricke reissen, wollte ich meine Familie dazu überreden, nach Amerika zu flüchten. Dort wären wir in Sicherheit. Übrigens war ich genau deswegen als junge Erwachsene auch zutiefst erschüttert von der Terrorattacke von 9/11 auf das New Yorker World Trade Center. Mein Notfallplan, der mir während Jahren ein Gefühl der Sicherheit gegeben hatte, erwies sich als untauglich.

Die Sorgen meiner Kinder sind etwas anders gelagert als damals bei mir. Sie befassen sich mit der Klimakrise und fragen sich, wie unsere Welt wohl in 20 Jahren aussehen wird, ob uns künftig viele Umweltkatastrophen heimsuchen werden und ob es die Welt überhaupt noch geben wird, wenn sie alt sind. Und natürlich beschäftigt sie in diesem Frühling die Angst um ihre Gesundheit, die Angst vor Epidemien. Noch sind sie in einem Alter, in dem sie mit ihren Ängsten zu uns Eltern kommen. Die beiden Jüngeren sind noch voll kindlichem Vertrauen. Ihnen reicht unsere Versicherung, dass Gott stets bei ihnen ist. Sie halten es mit König David, der in der Bibel seinem Glauben Ausdruck verleiht: «Vertrau dich dem Herrn an und sorge dich nicht um deine Zukunft! Überlasse sie Gott, er wird es richtig machen.» (Psalm 37,5)

Die Grossen tröstet dieses Wissen zwar auch, dennoch machen sie sich Sorgen. Wir ermutigen sie dazu, ihre Sorgen nicht nur mit uns, sondern auch mit Gott zu besprechen. So wie es der Prophet Jesaja formuliert: «So spricht der Herr, der heilige Gott und Schöpfer Israels: «Wenn ihr euch Sorgen um die Zukunft macht, dann kommt damit zu mir! (…) Vertraut euch mir an!» (Jesaja 45,11)

Auch ich selbst übe mich immer wieder darin, mich Gott anzuvertrauen. Ihm von meinen Sorgen zu erzählen und darauf zu vertrauen, dass er sich kümmert. Bevor ich aktiv werde, möchte ich mit Gott reden. Und ihn fragen, ob ich eine Situation einfach aushalten, in ihr ausharren oder etwas unternehmen soll. Nicht immer weiss ich darauf sofort, was zu tun ist. Und nicht immer folgt darauf unmittelbar ein Gefühl des Friedens. Dann tröstet mich die bekannte Liedzeile aus der Feder des deutschen Pfarrers Arno Pötzsch: «Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand.»

Von Kindern lernen
Kinder gehen anders an die Zukunft heran als wir Erwachsenen. Sie leben in der Gegenwart, vertrauen vorbehaltlos darauf, dass Gott sie heute und in Zukunft begleiten und bewahren wird, bauen hemmungslos Luftschlösser, ohne ihre eigenen Träume zu zensurieren, und vertrauen sich in ihren Ängsten Gott an. Genau so möchte auch ich die Zukunft in Angriff nehmen!

© Online-Redaktion ERF Medien
 
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