zwei junge Frauen mit T-Shirts, wo Hope drauf steht
Freude an Hoffnung | (c) zVg

Mutig vorwärts – Schritt für Schritt

Warum müssen wir immer wieder mutig sein?
 
Publiziert: 10.12.2021 16.12.2021

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Von Doris Lindsay

Das Leben in den Townships Südafrikas ist hart. Gewalt, Drogen und Alkohol sind dort an der Tagesordnung. Doris Lindsay, gebürtige Bernerin, zog 2012 nach Kapstadt, um dort zusammen mit ihrem Mann, einer grossen Portion Mut, ansteckender Lebensfreude und Durchhaltewillen ansteckende Hoffnung und Perspektive in die Leben vieler Jugendlicher zu bringen.

Während ich diese Zeilen schreibe, schaue ich auf meine Tochter, die frisch eine Zahnspange bekommen hat und sich furchtbar dafür schämt. Sie öffnet kaum noch ihren Mund und versucht so gut wie möglich zu verhindern, dass jemand diesen silbernen Gartenzaun sieht. Sie fühlt sich unsicher. Und das, obwohl sie sich jahrelang darauf gefreut hat, endlich eine Spange zu bekommen und eine «richtige» Teenagerin zu sein. Die Wirklichkeit und Realität des unbequemen «Monsters» in ihrem Mund hatte sie definitiv eingeholt. Ich ermutigte sie heute Morgen mehrmals, ihr wunderbares Lachen wiederzufinden, mutig zu sein und ihre Zähne wieder zu zeigen. Sie schaute mich nur an und presste zerknirscht ihren Mund zusammen. Da wusste ich – das könnte noch länger dauern.

Ermutigung von aussen nützt manchmal nichts. Veränderung, mutige Handlungen und Entscheidungen müssen in uns wachsen und wir ringen mit den daraus folgenden Konsequenzen. Wenn sich dies schon als schwierig erweist bei einer Zahnspange eines Teenagers, wie viel schwieriger wird es, wenn es um folgenreiche Entscheidungen im Erwachsenenalter geht.

Gott ist mit uns

Kürzlich las ich die Geschichte von Mose, und es berührte mich ganz neu, wie Gott mit Mose Geschichte schrieb. Mose war der Mann, der als jüdisches Baby in einem Korb auf dem Nil ausgesetzt wurde, in der Hoffnung, dass er dem Todesurteil des Pharaos entgehen könnte, der alle erstgeborenen jüdischen Knaben töten lassen wollte. Mose wurde von der Tochter des Pharaos gefunden, in die Familie adoptiert und wuchs im Palast auf. Doch da wurde er Zeuge eines Missbrauchs an einem Sklaven, und aus Zorn erschlug er den ägyptischen Peiniger. Seine wahre Identität flog auf. Er flüchtete in die Wüste, versteckte sich und hütete von da an Schafe. Bis genau dieser Mose eine grosse Aufgabe von Gott bekam: Er sollte zurückkehren nach Ägypten und das Volk Israel, das immer noch brutal versklavt war, in die Freiheit führen. Ein Auftrag, der ihm unmöglich erschien und der ihm Kopf und Kragen hätte kosten können.

Ein Gott der Generationen

In der Geschichte sehen wir, dass Gott sich selbst bestätigt. Es geht dabei nicht nur um Mose und seine Aufgabe, sondern um Gott, der schon mit all den vorherigen Generationen vorwärts ging. Er hatte sich schon in der Vergangenheit als vertrauenswürdig erwiesen und würde dies auch in der Zukunft tun. Diese Perspektive verändert unsere kleine Welt. Es geht nicht nur um mich, sondern um den Gott, der schon seit Tausenden von Jahren mit den Menschen unterwegs ist und «mit ihnen ist». Diese Tatsache, dass Gott für uns ist, ist das Fundament für jegliche Herausforderungen, die Gott an uns herantragen wird.

Ein Gott, der sieht, hört und handelt

Wir haben einen Gott, der den Mut hat, hinzuschauen. Ein Gott, der seine Augen vor den Nöten dieser Welt nicht verschliesst. In Ocean View, dem Township, in das ich mich seit mehr als neun Jahre investiere, gibt es viel Leid. Wir haben Menschen, die unterdrückt, missbraucht und vergessen werden. Menschen, die täglich neue Traumata erleiden, da Gangs und Korruption überhandnehmen. Diese Woche hatte ich ein Gespräch mit einer jungen Frau, die misshandelt wurde. Sie erzählte mir voller Schmerz, dass die Nachbarn einfach dabei zuschauten, das Elend sahen und nichts taten. Dies verletzt, schmerzt und löscht den Glauben an das Gute. Die Würde des Menschen wird mit Füssen getreten wegen mangelndem Mut, das Richtige zu tun. Wir alle sehen genug Dinge, die uns verzweifeln lassen, uns überfordern und uns die Hoffnung stehlen, dass Veränderung möglich ist. Doch Gott ist kein Zuschauer. Er schaut nicht weg, er sieht das Leid. Dieser Gott hört auf das Schreien seiner Menschen und die Stimmen, die zu ihm rufen. In der Bibelpassage über den Auftrag von Mose sehen wir, dass er seine Ohren nicht verschloss und dass er sich seinem Volk zuwendete und herabkam. Gott ist ein Gott, der hinsieht, hinhört und handelt.

Der handelnde Gott

Anstatt übernatürlich einzugreifen, wandte Gott sich an Mose. An einen Mann, der schon einmal in Ägypten war. Einen Mann, der das tägliche Leid dort kannte. Einen, der davonrannte und sich versteckte. Genau ihn wollte Gott für die Befreiung seines Volkes gebrauchen. Mose wurde erwählt, um das jüdische Volk zu erlösen. Mose war geschockt: «Ich? Sicher nicht! Ein anderer kann das tun.»

Es gibt viele Gründe für unseren Unmut, Dinge anzupacken und Veränderung zu bewirken oder der Ungerechtigkeit entgegenzutreten. Angst ist einer der Hauptgründe. Auch mangelndes Bewusstsein, dass Gott wirklich mit uns rechnet und an uns glaubt, kann eine Ursache sein. Gott kennt unser Potenzial und traut uns Grosses zu – trotz unserer Vergangenheit, unserer Schwachheit und Unfähigkeit. Doch Gott weiss auch wer ER ist. ER ist der Gott, der mit uns ist. Dort, wo Angst uns kleinhalten und unser Potenzial rauben will, sieht uns Gott mit ganz anderen Augen. Er will die Welt verändern und das ausführende Organ für diese grosse Aufgabe sind wir – die von ihm geschaffenen Menschen.

Mutig zu sein, ist ein Risiko

Doch was ist das für ein Gott, der uns solche Risiken abverlangt? Der Mose beruft, etwas Verrücktes und Gefährliches zu tun, und ihm erst nach Abschluss des Auftrages, das Volk aus Ägypten zu führen, den Beweis dafür gibt, dass er ihn führte? Wir sind mit einem Gott unterwegs, der uns herausfordert, leitet und uns auffordert, Risiken einzugehen und den unbequemen Weg zu nehmen. Doch in alldem ist er auch ein Gott, der uns sagt: «Ich werde mit dir sein in deiner schwierigen Aufgabe. Und werde dir danach den Beweis geben, dass ich mit dir war.» Hier geht es um Glauben. Um Vertrauen. Gott möchte, dass wir ihm vertrauen und auf ihn setzen.

Wenn Gott spricht …

Drei Jahre bevor wir nach Südafrika zogen, leiteten mein Mann und ich eine Jüngerschaftsschule, und wir führten unsere Studenten in einem Kurzeinsatz in ein südafrikanisches Ghetto, um neue Erfahrungen beim Helfen von Menschen zu machen. Während dieses Einsatzes hatte ich in der Nacht einen Traum von Menschen, die wir am Nachmittag besucht haben. Sie waren in einem Haus und beteten Gott an. Es wurde gelacht, schulische Nachhilfe gegeben, kreativ gearbeitet und gemeinsam die Bibel studiert. Vor dem Haus beteten Leute für die Umgebung, sangen Worship-Lieder. Aus dem Haus wuchsen grosse grüne Schlingpflanzen mit Blumen und durchzogen die Nachbarschaft und rankten in verschiedene Fenster. Dann hörte ich diese Stimme, die sagte: «Dies ist ein Haus der Hoffnung.» In diesem Moment wachte ich auf. Ich wusste, Gott hatte zu mir gesprochen. Er wollte ein Haus der Hoffnung an diesem Ort. Die Vision war so klar und deutlich, dass es für mich keinen Zweifel gab.

Es braucht Mut, Gott zu vertrauen

Drei Jahre später zogen wir als Familie nach Südafrika und starteten eine intensive Investition in diesem Gebiet. Es war ein Weg, der mich viele mutige Schritte, viel Schweiss, Tränen und Überwindung kostete.

Doch wenn Gott uns ruft und uns eine schwierige Aufgabe gibt, dann steht er mit uns im Dreck. Ich tat Dinge, bei denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie jemals tun würde. Ich arbeitete mit Gangstern und Vergewaltigern im gefährlichsten Gefängnis von Südafrika. Ich bewegte mich in Gang-Territorien und ermutige junge Gangster, ihr Leben nicht wegzuwerfen und Gott zu suchen. Ich erlebte, wie Gott mir Mut und eine Kraft gab, die ich vorher nicht kannte. Es brauchte viel Mut, diesen Menschen von Gott zu erzählen, und viel Glauben, ihnen zu helfen, ohne Zeichen, ob diese Arbeit sich lohnen würde. Doch ich erlebte, wie Gott die Vision des Hauses der Hoffnung bestätigte. Sein Wunsch war es, ein Zentrum der Hoffnung als Multiplikationswerkzeug für seine Liebe in dieser Region zu errichten. Er wollte uns bei der Umsetzung seines Planes dabeihaben, und unser Auftrag war, mutig Schritte zu gehen, um diesen Wunsch zusammen mit ihm möglich zu machen.

Viele Jahre sahen wir wenig Frucht

Ich konnte nur festhalten an dem, was Gott mir über die Vision sagte und an dem, was ich über ihn wusste. Nämlich, dass er ein Gott der Generationen und mit uns ist. Dass er ein Gott ist, der das Leid der Menschen sieht und ihre Gebete hört. Ein Gott, der durch gewöhnliche Menschen wirkt und mit uns gemeinsam Veränderung schafft. Heute haben wir dieses Haus, das ich im Traum gesehen habe, und noch weit mehr als das, wovon ich geträumt hatte. Es ist genau dieser Ort der Hoffnung für viele junge Menschen geworden; und jetzt sehe ich Gottes Treue und seinen Beweis, dass er Schritt für Schritt mit uns gegangen ist und weiterhin geht.

Sei mutig!

In der biblischen Geschichte sehen wir, wie Mose Mut fasste, indem er realisierte, dass Gott es ernst meinte und ihm zusagte, dass er mit ihm sei. Moses Mut zu handeln, gab wiederum den Israeliten Mut, sich Mose anzuvertrauen und Ägypten tatsächlich zu verlassen. Gott hat immer einen grösseren Plan als «nur» uns zu gebrauchen oder unsere Aufgabe gut zu beenden. Es geht immer um so viel mehr. Wenn er uns ruft, mutig zu sein, dann werden unsere Schritte viele andere Menschen ermutigen, ebenfalls mutig zu sein, bis sein Wille geschehen ist.

 

Zur Person

Die Bernerin Doris Lindsay lebt seit rund zehn Jahren mit ihrer Familie in Kapstadt/Südafrika. Die gebürtige Schweizerin gründete zusammen mit ihrem Mann die sozial-diakonische Gemeinschaft «HopeTown», welche sich in das Leben gefährdeter Jugendlicher und ihrer Familien investiert.

© Online-Redaktion ERF Medien
 
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