Sternenhimmel mit hellem Stern, unten eine erleuchtete Hütte
(c) Kalina Vova/dreamstime

Licht im Stall

Im Stall geboren, auch in meinem?
 
Publiziert: 15.11.2021 20.11.2021

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Dossier Weihnachten

Von Andreas Malessa

Vorne hui, hinten pfui – kennen Sie diesen Ausdruck? Andreas Malessa nimmt uns mit auf eine Zeitreise – zurück in die «stille Nacht» und berichtet, was dort im Stall geschah. Mit einem Augenzwinkern richtet er unseren Blick hinter die Kulissen auf unsere eigenen «Seelenräume voller Müll» und lässt durchblicken, dass es wahrscheinlich kein Zufall war, dass Jesus im Stall geboren wurde.

In den Schaufenstern von Blumenläden sieht es meist wunderschön aus. Stilvoll drapierte, kreativ dekorierte, üppig leuchtende Blütenpracht.

Herrlich! Im Laden selbst ist der Eindruck schon nüchterner. Papierrollen, Eimer, Blumenständer, Kasse. Na ja, praktisch. Aber waren Sie schon mal im Binderaum?

Das ist jenes Hinterzimmer, in dem die Floristinnen Sträusse zusammenbinden. Zweige, Blätter, Abfall, Kompost, Kartonagen, Dreckwasserpfützen. Chaotisch! Muss man mal gesehen haben. Am besten freitagabends, wenn tags drauf zwei, drei Hochzeiten stattfinden. Die Hände einer Floristin unterscheiden sich übrigens auffällig von den Händen, die tags drauf den Brautstrauss halten … Das Hochzeitspaar und die Gäste haben sich rausgeputzt, wie noch selten. Umwerfend schön sehen sie aus. Zu Hause, im Alltag, in Jogginghose und Feinrippunterhemd, erscheint das schon nüchterner. Aber wie sähen sie aus, wenn man hinter die Stirnen und in die Herzen schauen könnte?

Wohin geht Gott zuerst?
Das Evangelium, die «gute Nachricht» der Bibel sagt, schockierend eigentlich: Statt in prachtvolle Kathedralen, ehrfurchtgebietende Altarräume, kerzenerleuchtete Klostergänge; statt in die Herzenserhebung grosser Musikwerke und mitreissender Lobpreislieder hat sich Gott zuerst in die vermüllten Seelenräume der Menschen begeben. Das sind jene Hinterzimmer, wo Erfahrungen und Gedanken zu Haltungen und Überzeugungen zusammengebunden werden. Wo welke, veraltete Erinnerungen faulige Gefühlspfützen hinterlassen, aus denen hässliche Motive wachsen und dort seltsame Blüten treiben: Unvergessliche Demütigungen aus der Schulzeit. Peinliches Geschrei in den Pubertätsjahren. Kurzer Sex und lange Reue bei der Traumfrausuche. Enttäuschung und Empörung nach dem x-ten Date. Die Scheidung, die Schulden, die Insolvenz, der Burnout. Das schmucke Eigenheim, der Zankapfel übler Gerichtsprozesse einer verkrachten Erbengemeinschaft. Oma dreht sich im Grabe rum wie ein unterirdischer Propeller.

Eltern erzählen es gern, wenn der jungerwachsene Sohn studiert, promoviert, Karriere macht. Aber wo er jetzt wohnt und wie es ihm geht, wissen sie schon lange nicht mehr. Er hat den Kontakt abgebrochen. Mama weint, weil sie nicht weiss, ob sie schon Enkel hat. «Was für ein Saustall!» möchten die Freunde und Arbeitskolleginnen manchmal flüstern, aber damit würden sie ja aus dem Glas-Stall mit Steinen werfen.

Wie einer von uns
Dass der allmächtige Schöpfer unzählbarer Galaxien im Universum, der «Herr, der im Himmel thront» (Psalm 11,4; 103,19; Matthäus 19,28), der Gott, dessen majestätische «Herrlichkeit und Erhabenheit» (Hiob 40,10; Offb 15,8) jahrtausendelang von Poeten und Priestern besungen wurde; dass der als Kind nicht ehelicher Inlandsmigranten in einer Krisenregion zur Welt kommt und erst einmal in einer Futterkrippe für Stalltiere zwischengelagert wird – das war, das ist und das bleibt unfassbar! Ein himmlischer Chor von Engeln vergisst nicht zu erwähnen, was Gott als menschliches Baby in dieser Krippe tut: Er scheisst in die Windeln (Lukas 2,7). Schöne Bescherung. Mehr Menschlichkeit geht nicht.

Das «traute, hochheilige Paar» ist in der «stillen Nacht» erfolglos auf Herbergssuche. Dafür tun sie uns leid, ja. Aber viel schwerer wiegt doch ihre soziale Unbehaustheit, die kopfschüttelnde Distanznahme ihrer Nachbarn und Freunde! Von wem ist Maria schwanger? Vom Pollenflug sicher nicht. Josef glaubt ihr die Geschichte mit dem Engel und dem Geist Gottes. Aber glauben Marias Eltern ihr das auch? Glauben Sie es dem Josef? Wie steht er da, wenn üblicherweise ein hoher Brautpreis gezahlt werden muss, der sozusagen die Rentenversicherung der Brauteltern ist? Kann Marias Vater diese Altersvorsorge von Josef noch verlangen, wenn seine Tochter schon vor der Hochzeit schwanger wurde? Josef denkt, woran alle Ehepaare nach einem Vertrauensbruch denken (Matthäus 1,19). Aber ein Engel sagt: «Nein, Josef, Trennung und Flucht sind unnötig, denn Gottes guter, schöpferischer, heiliger Geist hat bereits neues Leben in Euch hineingesät, neue Hoffnung gepflanzt, neue verheissungsvolle Verantwortung heranwachsen lassen! Ihr beide sollt und könnt Gottes Heil erfahren und in die Welt bringen!»

Wir unaufgeräumten Menschen erwarten natürlich, dass Gottes Ankunft in unseren seelischen Hinterzimmern sofort wirkt wie der Weisse Riese auf Herdplatte und Küchenspüle: Spritzer drauf, wischundweg, blinkblink! Hat sich Maria vermutlich auch gewünscht, als gleich mehrmals unerwarteter Besuch vor der (Stall-)Tür stand: Erst die Hirten – na gut, Handwerkermänner gucken nicht so genau hin, ob gesaugt ist – aber dann wahrhaft hoher Besuch: die «Weisen aus dem Morgenland»! Die suchen den «neuen König», stehen aber vor einem Stall und sagen nicht «’tschuldigung, falsche Tür» oder rufen vorwurfsvoll «wie sieht’s denn hier aus!?», sondern «sie fielen nieder, beteten es an und taten ihre Schätze auf» (Matthäus 2,11). Sie erkannten also Gottes himmlische Gegenwart in den irdischen Gegebenheiten. Sie entdeckten Gottes riesige Barmherzigkeitsliebe in dem chaotischen Kleinklein eines provisorischen Kinderzimmers. Sie konnten hinter das Vorfindliche schauen. Deshalb heissen sie ja die «Weisen aus dem Morgenland» und nicht «die Doofen aus dem Morgenland».

Menschen mit neuer Antriebsart
Wenn ein Mensch ganz bewusst und entschieden Jesus in sein Leben, sein Denken und Fühlen, sein Arbeiten und Geniessen hineinbittet – dann «kommt Ordnung ins Leben», ja. Warum? Weil er nicht mehr allein auf seine eigene Vernunft, seine Gemütskräfte, Tugenden und Disziplin angewiesen ist, sondern aus einer neuen Kraftquelle schöpft: Die mitleidenschaftliche Liebe Gottes. Weil er nicht mehr aus Angst vor Strafe, absehbaren Folgeschäden oder Sorge um soziale Ablehnung die Gebote einhält, gesetzliche Regeln beachtet und «Gutes tut», sondern weil er es aus Dankbarkeit und Liebe tut. Die Motivation hat sich geändert. Wenn Choleriker nicht mehr zuschlagen, Suchtkranke nicht rückfällig werden, Schlaumeier nicht mehr betrügen, Mächtige unbestechlich bleiben und Egoisten empathisch fürsorglich handeln – dann nicht, weil sie plötzlich zu «besseren Menschen» verzaubert wurden. Sondern weil sie «besser dran sind». Sie leben geborgen, begleitet, beeinflusst und motiviert von Gottes Liebe und Gnade. Solche Verhaltensweisen und Verhältnisse ändern sich nicht über Nacht. Aber sie wachsen, reifen, entwickeln sich. Bis hin zu den «Früchten», die Gottes Geist in uns reifen lässt: «Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Besonnenheit» (Galater 5, 22).

«Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern …»
Wer die faszinierende Menschwerdung Gottes für sich in Anspruch nimmt und Jesus in den «Blumenladen seines Lebens», inklusiv Hinterzimmer, einlädt und hineinnimmt, trifft in manchen frommen Gemeinden auf die Erwartung, nun müsse es aber auch schlagartig überall wie im Schaufenster aussehen. So, als wäre in der Bibel mit «Heil» die Schweizer Hausordnung für Mehrfamilienhäuser gemeint oder das Reinheitsgebot für bayerisches Bier. «Gott ist ein Gott der Ordnung!» wurde in manchen eher konservativen Kreisen gern zitiert, wenn es um Frisuren, Mode, Musikgeschmack, Kunst, Genussmittel oder Lebensstil allgemein ging. Wer (Bibel) lesen kann, ist klar im Vorteil: «Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens» (1.Korinther 14,33).

Wie bitte? Das Gegenteil von Chaos ist nicht der preussische Kasernenhof, sondern der Friede? Jener ganzheitliche «Schalom», von dem die Engel über dem Stall von Bethlehem sangen? Der englisch «Peace of Mind» und deutsch «Seelenfriede» genannte Zustand völliger Geborgenheit, den Maria und Josef trotz ihrer übelriechenden Behausung empfanden?

Ich habe Singles auf erfolgloser Partnersuche, junge Eltern im Dauerstress, Konzernlenker mit der Angst vor Kursverlusten, Geschiedene mit Narben auf der Seele und alte Menschen mit zahllosen Körperbeschwerden in ihren unaufgeräumten Wohnungen kennengelernt, die trotzdem einen «Schalom», eine innere Aufgeräumtheit, eine unerklärlich «friedvolle» Ausstrahlung hatten. Denen ein Licht aus den Augen und den Sätzen leuchtete, das geradewegs aus dem Stall von Bethlehem zu kommen schien

© Online-Redaktion ERF Medien
 
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